Drama um ein Hundeleben

Die 13-jährige Hündin Kimby steckt im Abwasserrohr fest und wird von der Feuerwehr freigeschaufelt

Den Tag von Karl Theodor zu Guttenbergs Rücktritt werden Hündin Kimby und ihr Herrchen so schnell nicht vergessen. Auch hier handelt es sich um einen folgenreichen Fehltritt. Fast drei Stunden steckte die 13-jährige Hündin in einem Abwasserrohr im Kernener Haldenbachtal fest und verursachte so eine schweißtreibende Rettungsaktion der Kernener Feuerwehr.

Hektische Betriebsamkeit im Haldenbachtal. Feuerwehrmänner, Polizei, städtische Mitarbeiter und zahlreiche Schaulustige lassen schon von der Ferne vermuten, dass sich ein Drama abspielt.“Der Hund steckt im Abwasserrohr fest, zudem ist der Hund wohl herzkrank“, sagt Peter Schneider, stellvertretender Kommandant der Feuerwehr Kernen. Die 13-jährige Hündin Kimby war mit ihrem Fellbacher Herrchen und dessen Partnerin unterhalb von Eichensee spazieren „Der Hund hat bestimmt einen Fuchs oder Dachs gerochen. Das ist der Jagdtrieb“, mutmaßt einer der zahlreichen Schaulustigen während der Rettungsaktion, bei der neun Feuerwehrleute beteiligt sind. Sie wurden um 13.52 Uhr alarmiert und waren um 14 Uhr vor Ort.

Kimby ist genau an der Stelle eingeklemmt, bei der sich das Rohr von 300 Millimeter Breite konisch auf 150 Millimeter verengt. „Es sind 10,4 Meter vom Putzschacht aus“, sagt Schneider. Mit Hilfe eines Lasers konnte die genaue Distanz ermittelt werden. Der Kernener Bauhofleiter Uwe Heinrich ließ umgehend einen Bagger kommen, der den Asphalt der Straße aufriss. Genau dort fließt das Abwasser der Straße zunächst in das Kunststoffrohr und anschließend in das breitere Betonrohr. Das Kunststoffrohr wird ringsrum mit Steinen, die anschließend betoniert wurden, in der Mitte gehalten. Immer wieder kommt der Bagger zum Einsatz, zwischendurch bearbeiten die Feuerwehrleute mit Spaten, Schaufeln, Stemmeisen, Hämmern und Meißeln den Boden. Es ist Vorsicht geboten, schließlich darf das orangene Kunststoffrohr, das in das Betonrohr mündet, nicht zerstört werden.

„Bei den Vibrationen dreht der Hund durch“

Die Hunderetter stoßen bei ihren Grabungen auf Bauabfälle, „tote Rohre“ und metallische Gegenstände. „Mit der Flex können wir hier nicht arbeiten. Bei den Vibrationen dreht der Hund durch“, sagt Feuerwehrmann Bernd Grossmann mit zahlreichen Schweißperlen auf der Stirn. Er ist die treibende Muskelkraft bei der Rettungsaktion. „Man sieht den Hund vom Putzschacht aus sich bewegen und wir hören ihn winseln. Das ist ein gutes Zeichen“, sagt Schneider, der den Stressfaktor durch den verursachten Lärm für die herzkranke Kimby betont. Kurz vor vier Uhr haben die Retter Sichtkontakt. Die Sorgenfalten von Kimbys Herrchen sind nun im einstelligen Bereich. Mit besorgter Miene starrt der muskulöse Mann fassungslos auf die Rohrmündung. Auch seiner Partnerin geht die Rettungsaktion sichtlich an die Nieren. Nervös hält es sie kaum länger als eine Minute auf der gleichen Stelle.

Endlich ist der Durchbruch geschafft, doch Kimby ist nicht aus dem Rohr zu locken. „Die hat Angst, die zittert wie Espenlaub“, sagt Feuerwehrmann Florian Michalke, der auf dem Bauch liegt und mit einer Taschenlampe und netten Worten versucht, Kimby aus dem Rohr zu locken. Auch das Herrchen und seine Partnerin rufen vergeblich nach der 13-jährigen Hündin. Niemand hat „Leckerlis“ dabei, die Feuerwehrmänner diskutieren, Kimby rauszuspülen. Vor einem Jahr habe diese Möglichkeit bei Füchsen funktioniert. Michalke lässt sich einen Stock geben, um Kimby am Halsband herauszuziehen. Vergeblich, der Stock ist zu dick. Schnell machen sich die Feuerwehrmänner daran, den geeigneten Stock aus dem Gebüsch zu schneiden. „Das ist typische Feuerwehrarbeit: Immer improvisieren“, sagt Schneider.

Wersch rechnet mit erheblichen Kosten

Ein dünner Metallstab ist zwar stabil und dünn genug, aber gut 30 Zentimeter zu kurz. Mit Panzer-Tape wird kurzerhand ein Stock zur Verlängerung angebracht. Kaum ist die Hilfskonstruktion fertiggestellt, angelt sich Florian Michalke im ersten Versuch das Halsband und zieht Kimby ans Tageslicht. Die Schaulustigen applaudieren und Kimby wird von Herrchen auf Händen zum Auto getragen. Der Tierarzt wartet schon.

„Da Tiere als Sache gelten, haftet der Besitzer. Ob das die Hunde-Haftpflicht bezahlt, weiß ich nicht. Die Straße muss neu gemacht werden. Das wird bestimmt so zwischen 10 000 und 15 000 Euro kosten“, sagt der Kernener Kommandant Andreas Wersch, der in seiner Eigenschaft als CDU-Fraktionsvorsitzender ein Treffen mit Landesvater Stefan Mappus und Landtagspräsident Peter Hauk platzen ließ, um der Rettungsaktion beizuwohnen.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 02.03.2011 / Text: Christian Rottler