Hochwasserhilfe in Meißen – Pumpen in der Partnerstadt

Fellbacher ZeitungGummistiefel hat Christoph Palm mitgenommen, aber nicht gebraucht, als er am Dienstag in Begleitung von Stadtrat Harald Rienth zu einem Kurzbesuch nach Meißen fuhr. Fünf Stunden hin, fünf Stunden zurück auf der Autobahn, dazwischen Gespräche, Hände schütteln, Projekte besichtigen.

FZ20130612Noch am vergangenen Donnerstag war die braune Brühe der Elbe mehrere Meter hoch in der Altstadt von Fellbachs Partnerstadt gestanden. Am Dienstag aber kommt man schon trockenen Fußes durch, das Wasser ist fast vollständig abgezogen, die Pflastersteine sind gesäubert, die Leute tragen aufgequollene Möbel und kaputte Kühlschränke auf die Straße, überall röhren Pumpen. Die Meißner und hunderte von freiwilligen Helfern haben einen gewaltigen Kraftakt hinter sich, viele junge Leute mit gelben Gummistiefeln und Besen sind unterwegs. Und Feuerwehrleute. „Wir pumpen Keller aus“, sagt Kernens Kommandant Andreas Wersch auf die Frage nach der Aufgabe der Wehr. Die Keller sind teilweise zweigeschossig und haben riesige Volumen.

Wersch hält sich schon seit Samstag in der Porzellanstadt auf, als Teil des Hilfstrupps, den der Rems-Murr-Kreis in den Partnerlandkreis Meißen entsandt hat. 41 Leute aus verschiedenen Orten zählt Kreisbrandmeister Andreas Schmidt zusammen, am Dienstag kam noch ein Zug aus Fellbach hinzu. Die 18 Männer – Stadtbrandmeister Rainer Seeger war schon voraus gefahren – steuerten schnurstracks das Elbufer an und begannen, Keller auszupumpen. Sie werden voraussichtlich bis Donnerstag bleiben, der Einsatz ist Ehrensache. „Wenn so was ischt“, sagte Feuerwehrmann Gerhard Klement, „do muscht helfa.“

Christoph Palm hatte zuvor seine Mitarbeiter vom städtischen Bauhof begrüßt, die seit Sonntag den Meißnern zeigen, wie man professionell Kehrwoche macht. Ihre Hilfe war beim zurückgehenden Hochwasser besonders wertvoll, lobte Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke, auch Baubürgermeister Steffen Wackwitz zeigt sich begeistert: „Die Leute schaffen klasse.“ Denn der Schlamm muss weg, solange er feucht ist, sonst wird er hart wie Beton.

Insgesamt waren die 27 000 Einwohner von Meißen viel besser vorbereitet als im Jahr 2002, als sie vom Jahrhunderthochwasser überrascht wurden. Raschke selbst ist am Montag vergangener Woche von Haus zu Haus gegangen und hat die Bürger aufgefordert, Läden und Wohnungen im Erdgeschoss auszuräumen, um Waren und Möbel in Sicherheit zu bringen. „Alle, die auf mich gehört haben“, sagt Raschke, „können wenigstens mit einem mobilen Verkaufsstand loslegen“. Ab sofort könnten Touristen wieder kommen: Dom und Albrechtsburg sind offen, die weltberühmte Porzellanmanufaktur ist vom Hochwasser kaum mitgenommen. In der Altstadt waren rund 2000 Menschen von der Überflutung betroffen. Eine Reihe von Kindertagesstätten, Kultureinrichtungen und Verwaltungsgebäuden hat es auch erwischt. 2002 hatte Meißen Hochwasserschäden von rund 250 Millionen Euro zu verkraften, auch diesmal werde ein dreistelliger Millionenbetrag in der Schadensbilanz stehen, sagt Raschke.

Besonders betroffen ist zum Beispiel das Theater, für dessen Unterstützung sich OB Palm die nächsten Wochen und Monate besonders einsetzen will. Das Wasser stand im Foyer knapp unter der Decke, und nur, weil das THW „gepumpt hat wie verrückt“, so Raschke, konnte verhindert werden, dass der Boden des Zuschauerraums nass wurde. Dann wäre die Statik kritisch geworden, und eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs lange Zeit unmöglich. Die Geschäftsführerin Renate Fiedler ist entschlossen, nur noch nachhaltig zu sanieren, mit Steinplatten und Fliesen statt Gipskarton. Das findet den Beifall von Christoph Palm, der sich für einen Beitrag der Stadt Fellbach an den Sanierungskosten – derzeit auf 1,5 Millionen Euro geschätzt – einsetzen will. Ebenfalls unterstützt werden soll die Instandsetzung der Kindertagesstätte Sonnenschein am rechten Elbufer. Meißens Stadtverwaltung hatte die alte Villa für knapp eine Million Euro in den vergangenen zwei Jahren saniert und umgebaut zur Kita mit mehr als 100 Plätzen.

Ebenfalls vorgeschlagen für eine Unterstützung – beispielsweise durch die Gewerbevereine in Fellbach – wurde die Gaststätte „Zum goldenen Anker“ an der Uferstraße. Die Inhaberin Kathrin Herzog hat nach der Flut 2002 alles renoviert und Wandheizungen installieren lassen – jetzt stand wieder alles unter Wasser. Versicherungen winken bei solchen Risiken ab ober verlangen horrende Beiträg

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 12.06.2013 / Text: Gerhard Brien