Führungskräfte der Feuerwehr Kernen i.R. beim Hochwassereinsatz an der Elbe eingesetzt

Landrat Johannes Fuchs schickt Hochwasserschutzzug des Rems-Murr-Kreises in den Partnerlandkreis Meißen
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Sie sind zurück. Erschöpft, unrasiert, mit deutlichem Schlafdefizit – aber auch mit dem schönen Gefühl, geholfen zu haben: die vier Führungskräfte aus der Feuerwehr Kernen i.R., die auf Anforderung von Landrat Johannes Fuchs mit dem Hochwasserschutzzug des Rems-Murr-Kreises unter der Leitung von Kreisbrandmeister Andreas Schmidt zur Fluthilfe nach Sachsen geschickt wurden. Bürgermeister Stefan Altenberger empfing nun die Heimkehrer zu deren Überraschung am Donnerstagabend ganz spontan vor dem Stettener Gerätehaus und ließ sich erste Eindrücke berichten.

Der Kernener Kommandant Andreas Wersch war, auch in seiner Funktion als Kreisfeuerwehrpressesprecher, bereits zwei Tage vor seinen Stettener Kameraden Markus Medinger, Florian Michalke und Stefan Wersch in den Partnerlandkreis nach Sachsen gefahren. Gemeinsam mit Kreisbrandmeister Schmidt und dem Waiblinger Kommandanten Jochen Wolf bereitete er die organisatorischen Rahmenbedingungen für den Einsatz vor. In Absprache mit dem Meißener Kreisbrandmeister Ingo Nestler und Feuerwehrchef Frank Fischer wurde die Lage erkundet, das Einsatzgebiet für die Rems-Murr-Kräfte festgelegt, Quartier und Verpflegung organisiert und die benötigten Einsatzmittel aus den am Hochwasserschutzzug beteiligten Feuerwehren Kernen, Murrhardt, Remshalden, Schorndorf, Waiblingen, Winnenden und Winterbach abgerufen.

Insgesamt fahren am Sonntagmorgen 38 Helfer mit zehn Fahrzeugen nach Sachsen, am Dienstag folgt ihnen ein weiterer Zug aus Fellbach mit 18 Mann, verteilt auf vier Fahrzeuge. Fellbach ist die Partnerstadt von Meißen. Bis Donnerstag werden die Feuerwehren aus dem Rems-Murr-Kreis 106 Keller ausgepumpt haben. Keller? Nicht wenige der großen Gewölbekeller in der Altstadt sind zweigeschossig, manche haben sogar drei Etagen unter der Erde. Dazu kommen Tiefgaragen, auch sie zweigeschossig. Nicht selten müssen die Feuerwehrkameraden ihre Arbeit beenden, weil Grundwasser in die Keller eindringt, was das Pumpen sinnlos macht. Auch die nach der Elbflut 2002 errichtete Hochwasserschutzwand hat wenig genutzt. Ihre Höhe von 7,65 Metern konnte den Wassermassen nicht trotzen. Im Gegenteil: nun steht das Wasser hinter der Mauer und kann nicht in die Elbe zurück fließen. Das THW mit Ihren Großpumpen arbeitet Tag und Nacht. Erst wenn der Rückstau weg ist, können die Feuerwehren ihre Arbeit an der Uferstraße fortsetzen.

Untergebracht sind die Einsatzkräfte in einer Sporthalle auf dem Kalkberg. Drei Duschen für 100 Mann. Florian Michalke schläft lieber im Anhänger, Stefan Wersch nächtigt auf dem Boden des Einsatzleitwagens. Alles ist besser, als sich das Schnarchen einiger Kameraden im Massenquartier anzutun, meinen sie augenzwinkernd. An Schlaf ist dort nur wenig zu denken, am nächsten Morgen wird wieder volle Konzentration gefordert.

Andreas Wersch kennt sich in Meißen aus, war bereits beim ersten Hochwassereinsatz im Jahr 2002 mit dem damaligen Kreisbrandmeister Reinhard Kowalzik als Abschnittsleiter und Pressesprecher dabei, kommt seither aus privaten Gründen regelmäßig in die berühmte Porzellanstadt. Beim Elbhochwasser vor elf Jahren waren 12 Frauen und Männer aus den Feuerwehrabteilungen Rommelshausen und Stetten mit drei Einsatzfahrzeugen in Meißen, um eine Woche lang die vollgelaufenen Keller in der Altstadt leer zu pumpen und mit der Gefahrgutpumpe des Rüstwagens ausgelaufenes Öl aufzunehmen. Mit 10,07 Metern verfehlte der Elbpegel seine historische Rekordmarke aus dem Jahr 2002 (10,39 m) nur knapp. Gut ist, dass die Flut im Gegensatz zu 2002 langsamer anstieg, die Menschen ihr Hab und Gut in Sicherheit bringen konnte. Auch führt das Elbwasser diesmal kaum Schlamm und Öl mit sich, was die Arbeit der Feuerwehr zusätzlich erleichtert.

Das Aufgabengebiet für die Kernener Floriansjünger ist im Vergleich zu 2002 etwas anders ausgerichtet. Mit dem neuen Einsatzleitfahrzeug ELW-1, das mit modernsten Kommunikationsmitteln ausgestattet ist, übernehmen sie die Einsatzabschnittsleitung in der historischen Altstadt. Sie halten als Führungsgruppe per Funk, Telefon, E-Mail und Fax die Verbindung zur örtlichen Einsatzleitung der Meißener Feuerwehr und unterstützen den Kreisbrandmeister und die eingesetzten Züge der Feuerwehr bei ihren schwierigen Aufgaben, führen die Einsatzstellenberichte und das Einsatztagebuch, in dem jeder Vorgang akribisch dokumentiert wird. Von den regelmäßigen Lagebesprechungen wird Protokoll geführt, wichtige Einsatzvorgänge mit der Kamera festgehalten, regelmäßig werden Bilder und Textinformationen an die Presseabteilung des Landratsamtes durchgegeben.

Die Feuerwehrkräfte aus Meißen werden nicht nur von den Kameraden aus dem Rems-Murr-Kreis unterstützt. In der Stadt befinden sich auch Einheiten des Technischen Hilfswerks, der DLRG, verschiedene Sanitätsorganisationen und Polizeieinheiten aus der gesamten Bundesrepublik zur Hilfe. Zahlreiche Fernsehteams berichten vom Standort am Heinrichsplatz aus, im Hintergrund stets das Fahrzeug aus Kernen i.R. zu sehen. Politische Mandatsträger bis hin zu Bundespräsident Joachim Gauck besuchen die Stadt und sprechen den zahlreichen Helfern aus nah und fern ihren Dank aus. Auch Landrat Johannes Fuchs lässt es sich nicht nehmen und besucht seine Feuerwehrleute bei ihrem aufreibenden Einsatz.

Als wenn Hochwasser nicht schon genug wäre: am Dienstagnachmittag wird die Meißener Feuerwehr zu einem Dachstuhlbrand am Hahnemannsplatz, in unmittelbarer Sichtweite der Einsatzabschnittsleitung, alarmiert. Trotz der Erschöpfung aus dem seit Tagen andauernden Hochwassereinsatz kann aber auch diese Aufgabe erfolgreich bewältigt werden.

Auffallend sind wie vor elf Jahren die große Herzlichkeit und die Dankbarkeit, mit denen die Meißener ihren Helfern begegnen. Und so nehmen die Kernener Feuerwehrleute auch „menschlich gesehen eine Menge mit nach Hause“, wie einer der Teilnehmer berichtet. Für einen zweiten Abmarsch standen weitere Feuerwehrkräfte aus Kernen i.R. bereit, die jedoch auf Grund der sich bald entspannenden Lage und des sinkenden Pegels von Elbe und Triebsich nicht mehr zum Einsatz kamen.

Hier einige Impressionen vom Hochwassereinsatz in Meißen: